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Über die Geschichte: Der Geister-Siegel der Westfjorde ist ein Legend aus iceland, der im Contemporary spielt. Diese Conversational Erzählung erforscht Themen wie Loss und ist geeignet für Adults. Sie bietet Cultural Einblicke. Ein spektraler Siegel, ein vergessener Fluch und ein geheimnisvolles Rätsel, verloren in den Tiefen der Fjorde Islands.
Die Westfjorde Islands – wo das Land sich in zerklüftete Klippen bricht und der Nordatlantik gegen schwarzes vulkanisches Gestein tobt – sind ein Ort voller Geheimnisse. Der Wind, stets ruhelos, flüstert Geheimnisse, die die Berge nicht preisgeben wollen. Und unter den tintenschwarzen Wellen der Fjorde gibt es Legenden, die älter sind als das Land selbst.
Eine dieser Legenden handelt vom Gespensterrobben – einem Wesen, weder ganz Tier noch Geist, das angeblich die Gewässer in der Nähe von Reykjafjörður heimsucht und nur unter dem silbernen Mondlicht erscheint.
Fischer berichten von seltsamen Begegnungen – Boote, die in ruhigen Gewässern herumgewirbelt werden, Netze, die sich unerklärlich zerreißen, und ein unheimliches Heulen, das in Nächten, wenn die Aurora am hellsten brennt, über die Wellen zieht.
Die meisten Einheimischen weigern sich, darüber zu sprechen. Diejenigen, die es tun, flüstern von einem Fluch, von einer vergessenen Seele, die unter den Wellen gefangen ist und darauf wartet, dass etwas – oder jemand – sie befreit.
Die Meeresbiologin Elín Ásgeirsdóttir glaubte nie an Geister. Sie hatte ihr Leben damit verbracht, Fakten zu verfolgen, nicht Folklore. Doch als sie in den Westfjorden ankam, um die rückläufige Robbenpopulation zu untersuchen, fand sie sich in einem Geheimnis wieder, das viel älter – und viel dunkler – war, als sie je gedacht hätte.
Die Fähre tönte, als sie sich dem winzigen Dorf Reykjafjörður näherte, und eine Spritzung kalten Meerwassers traf den Bug. Elín zog ihren Mantel fester um die Schultern, ihr Atem war in der frostigen Luft sichtbar. Reykjafjörður war kaum mehr als eine Ansammlung von Häusern, die am Rand des Fjords hingen, ihre Fenster leuchteten warm im endlosen Winterdämmerlicht. Es war abgelegen, selbst nach isländischen Maßstäben – ein Ort, an dem die Vergangenheit noch immer an der Gegenwart klebte, wo Geschichten lange nach dem Verschwinden derer, die sie erzählten, verweilten. Als sie ausstieg, knarrte der Steg unter ihren Stiefeln. Ein großer, breitschultriger Mann mit wettergegerbtem Gesicht und dick gestricktem Pullover wartete auf sie. Sie nickte und schob ihren Rucksack höher auf die Schultern. Elín hatte bei früheren Expeditionen mit vielen einheimischen Fischern zusammengearbeitet, doch an Jónas war etwas – etwas Zurückhaltendes. Er sah aus wie ein Mann, der viel erlebt hatte. Während sie zum Gästehaus gingen, in dem sie wohnen würde, konnte Elín nicht umhin, bemerken, wie die Dorfbewohner sie durch von Frost bedeckte Fenster beobachteten. Zwei Nächte nach ihrer Ankunft geschah der erste Vorfall. Sie und ihr Team hatten akustische Überwachungsgeräte entlang der Bucht installiert, in der Hoffnung, Robbenrufe aufzuzeichnen und ihre Bewegungen zu kartieren. Es war nach Mitternacht, als sie es sah. Der Mond hing tief und hell und warf einen blassen Schimmer über den Fjord. Das Wasser war unheimlich still. Dann, aus dem Nebel, bewegte sich etwas. Eine blasse Gestalt glitt unmittelbar unter der Oberfläche. Zuerst dachte sie, es sei nur ein Lichtspiel, doch dann tauchte es auf – nur für einen Moment. Es war eine Robbe, aber anders als jede, die sie je gesehen hatte. Ihre Haut war milchig weiß, fast durchsichtig, und ihre Augen – schwarz wie der tiefste Teil des Meeres – fixierten ihre. Dann verschwand sie so schnell, wie sie aufgetaucht war. Elíns Atem stockte. Sie wandte sich zu Jónas um, der neben ihr gestanden hatte. Jónas' Gesicht wurde blass. Er nickte langsam und leise. Am nächsten Morgen versuchte Elín, die Dorfbewohner nach der Gespensterrobbe zu befragen. Die meisten weigerten sich, darüber zu sprechen. Einige drehten sich weg, sobald sie das Thema ansprach. Andere murrten über Pech und forderten sie auf, es sein zu lassen. Doch eine alte Frau – Ása Björnsdóttir, eine der ältesten Dorfbewohnerinnen – gab schließlich nach. Sie saß am Feuer in ihrem kleinen, überfüllten Haus, ihre Hände um eine Tasse starken schwarzen Kaffees gewickelt. Vor langer Zeit, bevor das Land vollständig besiedelt war, gab es einen Häuptling, einen mächtigen Mann, der sowohl Männer als auch das Meer beherrschte. Doch Macht hat ihren Preis. Verzweifelt, seine Herrschaft zu bewahren, wandte sich der Häuptling der dunklen Magie zu – ein Ritual, das das ultimative Opfer erforderte. Er nahm seinen eigenen Sohn und warf ihn in die Tiefen, band seine Seele ans Meer und sorgte dafür, dass der Fjord sich ihm niemals widersetzte. Doch Flüche bleiben niemals begraben. Er wurde etwas anderes – ein Wesen, gefangen zwischen zwei Welten, weder ganz lebendig noch ganz tot. Und er wartete immer noch. Entschlossen, die Wahrheit aufzudecken, nahm Elín bei Einbruch der Dämmerung ein kleines Boot und verfolgte die Bewegungen der Gespensterrobbe allein. Sie ließ ein Unterwassermikrofon in den Fjord sinken und lauschte nach Geräuschen. Zuerst war es still. Dann erhob sich ein tiefes, klagendes Geräusch aus der Tiefe. Kein Walgesang. Kein Robbenruf. Es klang menschlich. Dann – Bewegung. Die Gespensterrobbe tauchte wieder auf, diesmal näher. Sie verweilte an der Oberfläche und beobachtete sie. Und dieses Mal hörte sie sie sprechen. Nicht mit Worten. Nicht mit Geräuschen. Sondern in ihrem Geist. Elín durchforstete alte Aufzeichnungen auf der Jagd nach jeder Erwähnung des Opfers des Häuptlings. Und dann fand sie es. Ein Abschnitt in einer alten Saga sprach von einem obsidianen Stein, der dem Sohn des Häuptlings gegeben wurde, bevor er in den Fjord geworfen wurde. Es war der Schlüssel zum Fluch – das, was ihn gefangen hielt. Wenn er ins Wasser zurückgebracht würde, könnte er endlich frei sein. Mit Jónas' Hilfe durchgruben sie die Ruinen einer alten Wikingersaal in der Nähe des Ufers – bis sie ihn fanden. Ein schwarzer Stein, glatt wie Glas, kalt zum Anfassen. In jener Nacht, unter dem Vollmond, segelte sie zum tiefsten Teil des Fjords. Die Gespensterrobbe wartete. Mit zitternden Händen warf sie den Stein ins Wasser. Der Fjord bebte. Der Himmel flammte mit den Nordlichtern auf. Und dann begann die Gespensterrobbe sich aufzulösen, ihre Gestalt verwandelte sich in Nebel, der vom Wind davontrieb. Ein Flüstern hallte über das Wasser. Die Gespensterrobbe wurde nie wieder gesehen. Die Bewohner von Reykjafjörður sagten, dass sich der Fjord verändert fühlte – als ob etwas, das lange gequält hatte, endlich zur Ruhe gekommen sei. Doch manchmal, in den kältesten Nächten, unter dem Schein der Aurora, wenn man am Wasserrand steht… kann man noch immer das schwache Geräusch einer Stimme hören, getragen vom Wind, singend aus den Tiefen des Meeres.Ankunft in den Westfjorden
„Elín Ásgeirsdóttir?“
„Jónas Einarsson.“ Er streckte eine raue, schwielige Hand aus. „Ich werde dir und deinem Team auf dem Wasser helfen.“
Die ersten Sichtungen
„Hast du das gesehen?“ fragte sie, kaum mehr als ein Flüstern.
„Das war es,“ murmelte er. „Die Gespensterrobbe.“
Der Fluch des Fjords
„Es ist keine Robbe, Kind,“ sagte sie schließlich. „Es ist eine Seele.“
Der Sohn ertrank nicht. Er veränderte sich.
Eine Robbe in der Form, aber menschlich in der Seele.
In die Tiefen
„Befreie mich.“
Den Fluch brechen
„Danke.“
Epilog: Die verschwindende Legende