Herr Spinne, seine Familie und der tote Elefant: Anansis listiger Trick

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Herr Spinne, seine Familie und der tote Elefant: Anansis listiger Trick
Anansi surveys the fallen elephant beneath the moonlit canopy, his mind alive with cunning plans and the scent of damp earth.

Über die Geschichte: Herr Spinne, seine Familie und der tote Elefant: Anansis listiger Trick ist ein Volksmärchen aus ghana, der im Antik spielt. Diese Humorvoll Erzählung erforscht Themen wie Weisheit und ist geeignet für Alle Altersgruppen. Sie bietet Moralisch Einblicke. Im ghanaischen Wald überlistet Anansi geschickt den mächtigen Elefanten und lehrt seine Familie die Kunst der Weisheit und Einfallsreichtum.

Einleitung

Die Nacht war über den weitläufigen Akan-Wald hereingebrochen. Ein silberner Mond hing tief, wie eine helle Münze, die in einen schwarzen Brunnen geworfen wurde. Unter dem Blätterdach tanzten die Schatten, als flüsterten sie Geheimnisse. Die Luft trug den Moschus von feuchter Erde und verrottenden Blättern, schwer und dennoch eigenartig tröstlich.

Anansi, die Spinne, saß auf einem dünnen Zweig, die acht dünnen Beine nachdenklich eingezogen. Seine Augen funkelten wie polierte Kohlen in der Dunkelheit. Er dachte an seinen großen Nachwuchs – stumm, aber stets hungrig. Er wollte sie nicht nur mit Krümeln, sondern mit einem Festmahl für listige Geister ernähren.

Unterdessen pulsierte der Wald vor nächtlichem Leben. Zikaden dröhnten wie ein ferner Trommelschlag, weiches Rascheln von Flügeln strich durchs Laub. Irgendwo quakte ein Frosch eine dissonante Wiegenlied. Der Boden unter Anansis Sitzplatz war rau wie unbehauener Stein, und ein schwacher Duft von wildem Ingwer hing in der Nachtluft.

Plötzlich zerriss ein triumphaler Trompetenstoß die Stille. Ein Elefant? Nein. Ein Tier? Nein. Es war das donnernde Wiehern des Erfolgs. Anansi sprang vom Zweig und huschte dem Geräusch entgegen. Halb im fruchtbaren Lehm vergraben, entdeckte er den Körper eines toten Elefanten. Seine graue Haut, zäh wie altes Leder, lag ausgestreckt in ewiger Ruhe.

„Ɛyɛ asɛm kɛse!“ flüsterte er und erinnerte sich an die Twi-Redewendung: „Es ist eine große Sache!“ Aufregung schoss wie das Summen einer eifrigen Hornisse durch seine Adern. Die Aussicht auf eine solche Beute entzündete sein Hirn. Er würde List, Teamarbeit und einen Hauch von Tücke brauchen. Dies war die Gelegenheit, seiner Familie wahren Einfallsreichtum beizubringen.

Er hielt sich in sicherer Entfernung, seine schnurrbarthaarähnlichen Fühler zitterten. Er stellte sich die glücklichen Gesichter seiner Kinder vor, wenn sie das Elefantenfleisch kosteten – mit seinem rauchigen, reichen Aroma und der saftigen Textur, fremd und doch verlockend. Um Mitternacht würde er seinen Plan in Gang setzen. Und während der Wald lauschte, würden sie lernen, dass Klugheit oft rohe Gewalt übertrumpft.

Der erwachende Wald

Der Wald erwachte an diesem Morgen mit einer Sinfonie aus Geräuschen. Zikaden summten wie ungeduldige Lehrlinge, während Vögel ihre Morgengesänge über die taufeuchten Äste entfalteten. Anansis Nachwuchs rührte sich in seinen behaglichen Netzhäusern, jeder Faden so stark wie fein gewebter Kente-Stoff. Er rief sie in einem gedämpften Murmeln zusammen, seine Stimme glatt wie poliertes Ebenholz. Die Nachricht vom gefallenen Elefanten hatte sich schneller verbreitet als ein Hochwasserstrom.

Seine Kinder huschten zu seiner Seite, die Augen glänzend wie Obsidianperlen. Sie flüsterten Fragen: Wie sollten sie das Fleisch aus einem so riesigen Körper lösen? Wie den scharfen Stoßzähnen ausweichen, die halb vergraben im Boden steckten? Anansi hob ein Bein und klopfte dreimal auf den Boden. „Geduld“, sagte er. „Weisheit führt die Kleinen, wenn die Kraft versagt.“ Das Netz unter ihnen bebte vor Aufregung.

Am Waldrand bildeten mächtige Bäume eine undurchdringliche Mauer aus Grün. Lichtstrahlen durchbohrten das Blätterdach wie fein geschliffene Pfeile. Ein ferner Trommelschlag – das Herz der Erde selbst – pulsierte leise und ließ die Knöchel kribbeln. Die Luft roch nach Harz und feuchter Rinde. Ein gefallenes Blatt, noch benetzt mit Tau, strich über sein Bein. Die Berührung war kühl und feucht, wie ein Hauch auf der Haut, ein sachte Erinnerung an den Fluss der Zeit.

Anansi enthüllte seinen Plan. Er würde ein großes Gewebe aus Netzen über den massiven Körper des Elefanten spinnen, ein so komplexes Gitter, dass es den Schakal, den Affen und selbst den Nashornvogel täuschen würde. Wenn die anderen Tiere kamen, würden sie nur gespenstische Fäden sehen und in Panik fliehen, sodass Anansis Familie ungestört schlemmen konnte. „Agoro ato mu“, murmelte er – das Spiel hat begonnen.

Doch eilige Vorbereitungen waren unumgänglich. Anansi schickte sein ältestes Kind los, hohe Ansitze auszukundschaften, und ließ es geschmeidig wie eine Tänzerin auf einen dünnen Zweig klettern. Ein anderes beauftragte er, klebrigen Baumsaft zu sammeln, damit ihr Netz haften würde wie Blut auf Stein. Jede Anweisung wurde mit eifriger Begeisterung befolgt.

Beim Sammeln der ersten Seidenfäden fühlte Anansi, wie die Fasern ihm wie flüssiges Mondlicht zwischen den Beinen glitten. Seine Kinder folgten ihm. Jede Linie wurde sorgfältig geworfen, um ein unsichtbares Netz über den Rücken des Elefanten zu spannen. Rundum wärmte die Sonne den Boden, und der Schlamm färbte sich rostig-golden. Anansi hielt inne, roch an der erdigen Luft: Sie trug den Geschmack von altem Blut – eine schaurige Erinnerung an das Schicksal des Elefanten.

Bis zum Mittag war das große Gewebe fast vollendet. Zwischen den Ästen sah Anansi die Hügel in der Ferne, in Nebel gehüllt. Er trat einen Schritt zurück, um das filigrane Muster zu bewundern, so zufrieden wie ein Handwerker, der sein bestes Schnitzwerk betrachtet. Die Bühne war bereitet. Der nächste Akt würde dort stattfinden, wo List auf Torheit trifft.

Als die Schatten länger wurden, beschleunigte sich Anansis Herzschlag. Ein sanfter Windhauch strich über sein feines Haar, so zärtlich wie ein Seufzer der Liebe und trug den fernen Duft geräucherter Fische von der Feuerstelle eines Dorfbewohners herüber. Seine Jungen rückten dichter zusammen, das gossamer-dünne Netz schimmerte im goldenen Licht. Jeder Faden war straff gespannt, vibrierte vor Möglichkeiten und versprach eine Ernte, die ihre Bäuche wochenlang füllen würde.

Dann, mit einem letzten Nicken, gab Anansi das Zeichen: Stellung beziehen. Schon bald würden die Tiere kommen, überzeugt von ihrer eigenen Überlegenheit. Doch sie würden nur das Gespenst eines Spinnenglücks erblicken. Und so begann der größte Schwindel, den der Wald je gesehen hatte.

Anansi und seine Spinnenkinder weben ein riesiges Netz aus Spinnweben über dem Rücken des umgestürzten Elefanten im Morgenlicht.
Anansi lenkt seine Kinder, während sie ein listiges Netz aus Spinnweben auf der Elefantenhaut weben, das Sonnenlicht sickerte durch das dichte Akan-Dach.

Die Beute des Elefanten

Bis zum Nachmittag schien der Wald unheimlich still. Die Affen verstummten in ihrem Geplapper, selbst die Nashornvögel flogen unruhig fort. Nur Anansis Familie bewegte sich mit dringlicher Entschlossenheit. Sie schlichen um den mächtigen Körper des Elefanten, dessen ergraute Haut von eingetrocknetem Schlamm übersät war. Er lag da wie ein gefallener Berg auf dem Waldboden.

Anansi betrachtete ihn aufmerksam, als lese er eine alte Handschrift. Mit einem feinen Bein ertastete er die dicke Haut und bewunderte ihre Beschaffenheit – zäh und doch nachgiebig, wie gebrannte Erde, die durch Sonne und Regen gelockert wurde. Jede Delle erzählte von gekämpften Schlachten, von durstigen Zeiten, in denen er Wasserstellen fand. Der Geruch von Erde mischte sich mit dem Moschus des Verfalls, halb süß, halb bitter – ein dezenter Hinweis auf den Schatz, den er verbarg.

Sein ältestes Kind erkundigte den hinteren Teil und zeigte an, dass die Stoßzähne noch im Boden steckten. Keine lebende Elefantendame besaß härteres Elfenbein. Doch diese Stoßzähne, glänzend wie Bänder aus Elfenbein, dienten als stumme Wächter. Sie waren das Letzte, was ein Rivale wagen würde herauszufordern. Anansi lächelte dünn, erinnerte sich an seine Kindheit, als größere Tiere prahlten: „Ich habe die Kraft von tausend Bestien.“ Törichtes Prahlen war der Schlüssel zu seinem Triumph.

Er brauchte eine Ablenkung. Er rief seine Familie zusammen und ersann einen Hofnarren-Streich für Könige. Sie sollten vortäuschen, in den Netzen hilflos verfangen zu sein, Opfer statt Sieger. Ihre übertriebenen Kämpfe würden Büffel, Hyäne und sogar die scheuen Rehe anlocken. Und sobald ein jeder kam, würde Anansi den verborgenen Vorteil enthüllen: einen leichten Weg zum Fleisch des Elefanten, neben ihrer schauspielerischen Unbeholfenheit.

Als der erste Büffel herankam, ließ er mit seinen schweren Hufen den Boden beben. Sein feuchter Atem stieg in nebligen Flocken auf. Anansi spielte Panik so gekonnt, dass der Büffel zögerte. „Guter Büffel“, quakte er und wedelte mit den Beinen. „Du bist stark. Könntest du mir ein Horn leihen, um diese Fesseln zu lösen?“ Der stolze Büffel nickte und schabte mit seinem gebogenen Horn über das Netz, riss Fäden mit metallischem Kratzen. Ein Triumphschimmer erleuchtete Anansis kohlschwarze Augen.

Sekunden später gab das Netz nach. Schlanke Lücken taten sich auf wie Türen. Durch sie huschten Anansi und sein Nachwuchs, wichen den trägen Peitschenhieben des Büffelschweifs aus und entkamen unter dem Leib des Elefanten. Zufrieden drehte sich der Büffel um und zog davon, stolz auf seine Hilfeleistung.

Unterdessen hatten sich weitere Tiere versammelt: eine Ringmungo, eine grinsende Hyäne und ein Paar neugieriger Wachteln. Jeder bestand auf Hilfe und erhielt die Einladung, die Netze auf der gegenüberliegenden Seite zu zerreißen. So vertieft in ihre Aufgabe, bemerkten sie nicht, wie Anansi und seine Familie in das Innere des Elefanten eindrangen. Das verlockende Aroma von Bratenfülle haftete am Unterholz, obwohl keine Flamme die Haut berührt hatte. Es war das Versprechen eines Festmahls, das in der Luft hing.

Anansis Schalkstrick entfaltete sich wie ein meisterhafter Tanz. Mit jedem Hornkratzer, jedem Krallenschnitt wurde das Netz schwächer. Der Waldboden bebte unter dem Gewicht der Täuschung. Und als Anansi schließlich seinen Nachwuchs zum Durchgang rief, traten sie durch separate Ausgänge hervor, ihre Netze intakt, doch die Herzen leicht.

Jedes von ihnen trug Fleischstückchen auf dem Rücken, die Blicke glänzten vor Triumph. Anansi sah zu und wusste, dass der Wald noch Generationenlang von dieser Legende erzählen würde.

Am Abend, während Glühwürmchen wie schwebende Laternen flackerten, zog sich Anansis Familie in eine geheime Lichtung zurück. Sie schmausten an zarten Streifen von Elefantenfleisch, so reich im Geschmack wie dunkler Honig, mit einer Konsistenz, die an langsam gekochte Yamswurzel erinnerte. Lachen stieg auf und verschmolz mit dem zarten Zirpen der Grillen – eine Wiegenlied des Sieges. Und anderswo fanden der verletzte Büffel und die listige Hyäne nur die Spottflüstern der Spinne im Wind.

Verschiedene Waldbewohner helfen Anansi, indem sie die Netze des toten Elefanten zerreißen, während die Spinnenfamilie mit dem Fleisch davonläuft.
Anansis Trick entfaltet sich: Kreaturen helfen unwissentlich dabei, das Netz zu zerschlagen, während die Spinnenfamilie Fleisch vom Elefanten holt.

Schatten des Argwohns

Als die Sonne unter den Horizont sank und den Himmel blutrote und purpurne Streifen verlieh, regte sich der Wald mit wispernden Stimmen der List. Der Büffel, sein edler Kopf niedergeschlagen vor Scham, klagte dem Schakal sein Leid. Der Schakal, stets gerissen, schnupperte in der Luft und witterte einen Hauch Elefantenmoschus. „Da steckt mehr dahinter, als es scheint“, sinnierte er und leckelte sich die Lefzen.

Unterdessen ruhten Anansi und sein Gefolge weit entfernt von ihren trügerischen Helfern in ihrer Lichtung. Die Nachtluft war kühl und feucht, durchzogen vom Duft nassen Mooses und rauchiger Feuerstelle eines Jägers. Eine Grille strich ihren Geigenbogen an der Kante der Welt, während das sanfte Tupfen von Anansis Beinen auf dem Waldboden fast unhörbar war.

„Ha!“, kicherte Anansi mit tiefem Grollen. „Die großen Kreaturen des Waldes waren nur Bauern in meinem Netz der Schlauheit.“ Seine Familie klatschte eifrig. Sie rissen sich saftige Fleischfäden in Stücke und schmeckten die rauchige Süße, die mit gerösteter Kochbanane wetteiferte.

Da bebte die Erde unter schweren Schritten. Ein großer Warzenschwein, dessen Stoßzähne wie gebogene Silbermonden geschwungen waren, brach in ihr Refugium ein. Er schnüffelte in der Luft. „Ich rieche Elefantenfleisch“, grunzte er, die Nüstern zischten. „Euer Fest stinkt nach gestohlenem Schatz.“

Anansi richtete sich auf, die Beine gemalt wie verschlungene Kalligraphie. „Mein Freund“, sagte er sanft, „jedes Geschöpf spielte seine Rolle. Frag nur, wer den Lohn eingefahren hat.“ Der Warzenschwein grunzte erneut, zögernd. In diesem Moment zog Anansi einen Seidenfaden von seinem Bein und schwang ihn wie eine Peitsche. Er funkelte im Fackellicht, Fraktale tanzten entlang seiner Länge.

„Sieh diese Fäden!“, flüsterte er. „Kein anderes Wesen in diesem Wald kann solch kunstvolle Spitze spinnen.“ Die Augen des Warzenschweins weiteten sich. Er wich zurück, überzeugt. „Du hast meinen Respekt, Anansi“, gab er zu und stürmte davon, um von der unvergleichlichen Kunst der Spinne zu künden.

Die Kunde verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Beim Bienenstock summte die Königin von einem Wunder. Im hohen Gras stand die Antilope betroffen ob der Vorstellung, dass eine Spinne einen Elefanten überlistet hatte. Sogar die uralte Schildkröte gluckste vor Freude über eine so dreiste List.

Doch trotz des wachsenden Ruhms blieb Anansi stimmlich bescheiden. „Weisheit“, sagte er und zitierte ein Lieblingssprichwort, „Sɛ wo gye wo ho di a, na wobɛyɛ adeɛ – Selbstvertrauen führt zur Tat.“ Seine Jungen bewunderten ihn aufs Neue, denn in der List lag eine Lehre. Die Spinne hatte nicht nur ihre Familie genährt, sondern in jedem Faden eine Lektion gesponnen.

Als die Nacht tiefer wurde, leuchtete die Lichtung im Schein der Glühwürmchen, jedes Flackern ein Zeugnis von der beständigen Kraft des Verstandes. Anansi blickte zu den Sternen und erinnerte sich an die schattigen Netze zwischen den Bäumen. Und er wusste, dass der Wald seinen Namen fortan ehrfürchtig flüstern würde.

In der Ferne rief eine Eule zweimal, eine feierliche Trommel des Beifalls. Anansis Herz schwoll vor Stolz. Das Echo trug seine Legende durch moosige Mulden, über Flüsse und Hügel. In dieser Stille verstand er, dass Einfallsreichtum die wahrste Macht ist. Seine List war nicht bloße Täuschung, sondern ein Geschenk an seine Sippe, ein Wandteppich aus Lektionen, gesponnen aus Seide.

Anansi schwingt eine schimmernde Seide vor das Warzenschwein unter einem sternenbedeckten Himmel, während seine Jungen zuschauen.
Anansi demonstriert seine einzigartigen Seidenfäden dem Warzenschwein und festigt somit seine Legende mit listigen Worten unter den von Glühwürmchen erleuchteten Bäumen.

Festmahl und Lektion

Die Morgendämmerung entfaltete ihre rosafarbenen Finger am Himmel, als Anansi erneut aufstand. Sein Netzheim, hoch oben auf einem kräftigen Kapokzweig gebaut, glitzerte im Morgentau. Die Tropfen funkelten wie winzige Laternen und ließen die feine Seide erstrahlen, die Nebel suchte Nachahmung. Sein Nachwuchs versammelte sich, jeder trug Spuren des nächtlichen Festmahls – Flocken elfenbeinfarbenen Fleisches klebten an den dünnen Beinen.

Anansi musterte sie voller Stolz. Sie hatten gelernt, dass scharfer Verstand Hindernisse zerschneiden kann, dicker als Elefantenhaut. Sie begriffen auch, dass Einigkeit, geleitet von List, Belohnungen bringt, die rohe Gewalt nie erringen könnte. Er rief sie an den Rand der Lichtung, wo der Geruch von Braten noch süß in der Luft hing.

Einer nach dem anderen erzählte er die Geschichte des toten Elefanten neu. Er sprach vom Stolz des Büffels, von der Gier der Hyäne, vom Argwohn des Schakals. Jedes Kapitel endete mit der Pointe seiner schlauen Lösung. Sein Publikum – seine Kinder – lauschte gebannt, die Augen groß wie leere Tontöpfe, bereit, gefüllt zu werden.

Er hielt inne und zupfte einen frischen Faden aus seinem Netz. „Dies“, sagte er und hielt ihn hoch, „ist mehr als bloße Seide. Es ist die Verkörperung von Weisheit.“ Er schnippte ihn, und die Luft vibrirte mit einem hohlen Ping. In diesem Klang lag das Echo aller Lektionen, die er gesponnen hatte.

Sein ältestes Kind, die Beine vor Aufregung bebend, fragte: „Vater, werden die anderen Tiere uns vergeben?“ Anansis Augen funkelten. „Sie vergeben, was sie nicht ganz verstehen“, antwortete er. „Und sie erinnern sich an Dinge, die sie nicht nachahmen können."

Auch der Wald schien zu nicken. Eine sanfte Brise durchzog die Blätter und erzeugte ein leises Raunen, wie gedämpfter Applaus. Der Geruch frischer Triebe und wilden Ingwers mischte sich in der Luft, ein Ruf nach Erneuerung.

Anansi führte seine Familie den Hang hinunter, vorbei an der Stelle, an der die anderen Tiere einst zusammengekommen waren. Dort ließ er ein kleines Opfer zurück: ein sorgsam gefaltetes Blatt der wilden Kochbanane, bestrichen mit einem Klecks Elefantenfett. Es war ein Zeichen des Respekts, eine Geste geteilter Fülle. „Bra wo ho yie“, murmelte er – heb dich gut ums –, als liebevolle Mahnung, wachsam und klug zu bleiben.

Als sie gingen, folgte ihnen das Lachen des Waldes. Ein fernes Trommeln verklang von einer Siedlung jenseits der Bäume, die Melodie einer Feier. Vögel flatterten über ihnen, ihre Flügel rissen Crescendi in die Luft.

Anansi hielt an einem Flussufer inne, das Wasser murmelte über glatte Steine. Er blickte zurück auf die Lichtung, nun leer, doch erfüllt von Erinnerungen. Eine Spinne zeichnete goldene Fäden auf der Wasseroberfläche nach. Er nickte leise. Der Streich war ein Festmahl für mehr als nur die Mägen; er hatte ihren Geist genährt.

Und so brachen Anansi und seine Familie auf zu neuen Abenteuern, die Herzen voller seidenfadenstarker Weisheit. Sie trugen die Gewissheit in sich, dass die feinste Stärke oft in der kleinsten Gestalt verborgen liegt.

Anansi und seine Familie saßen auf einem Zweig, der von Morgentau bedeckt war, während die Spinnennetze im Sonnenlicht schimmerten, als sie das Fest verliesen.
An einem taubedeckten Morgen unterweist Anansi seine Nachkommen in den Lehren ihres Triumphes und hinterlässt eine Gabe für ihre Waldfreunde.

Schluss

Unter dem goldenen Blick des späten Vormittags kehrte die Stille in den Wald zurück, die Anansis große Vorstellung hinterlassen hatte. Leere Netze schwangen sanft, ihre silbernen Fäden glitzerten im Licht wie ein ausgeatmetes Flüstern. Ein feierliches Schweigen legte sich zwischen die Bäume, als hielte die Natur selbst inne, um über die Lektion nachzudenken, die ins Herz geritzt worden war.

Anansis Nachwuchs, jeder erfüllt von neu gewonnenem Selbstvertrauen, folgte ihm durch das gesprenkelte Unterholz. Ihre Schritte waren leicht, bedacht, um das Rascheln der gefallenen Blätter nicht zu stören. Der Duft von wildem Ingwer milderte die Luft, und das sanfte Murmeln eines nahen Bachs flüsterte Geheimnisse der Erneuerung.

Sie erreichten eine Lichtung, wo einst der Elefant gelegen hatte. Jetzt blieb nur die Erinnerung: plattgedrücktes Gras, verstreute Büschel aasfressender Fliegen und der schwache Rest gerösteten Elfenbeinöls auf Steinen. Anansi blieb stehen, hob ein Bein und musterte die Szene mit einem nachdenklichen Lächeln.

„Meine Kinder“, begann er mit warmer Stimme, „heute habt ihr gelernt, dass Klugheit, Geduld und Zusammenhalt Erfolge bringen, zu denen rohe Gewalt nicht fähig ist.“ Er stupste ein frei baumelndes Netz in die Mitte, dessen zarte Fasern so zerbrechlich wirkten wie Hoffnung selbst. „Mögen diese Fäden euch stets daran erinnern: Auch das Kleinste kann eine mächtigere Zukunft weben."

In der Ferne klopfte ein Specht seinen stetigen Rhythmus, eine Erinnerung an das entfernte Hallen der Büffelschritte. Eine Eule, verborgen in einer verknöchernden Astgabel, rief zweimal, eine sanfte Segnung. Und der Wald, reich an schattigen Echos, beobachtete still, wie Vater und Nachwuchs ihren Weg fortsetzten.

Als sie zwischen den hoch aufragenden Stämmen hindurchschritten, rezitierte Anansi ein letztes Sprichwort: „Sɛ wo gye wo ho di a, na wobɛyɛ adeɛ.“ Er übersetzte es für seine Jungen: „Wer an sich glaubt, wird Großes vollbringen.“ Seine Worte verflogen wie fliegende Seidenfäden und webten Weisheit in jedes Blatt und jeden Stein.

Hinter den Bäumen erstrahlte ein funkelnder Fluss. Sie hielten an und tranken von seinem kühlen Wasser, das glatt ihre ausgetrockneten Kehlen liebkoste. Dann brachen sie auf in neue Abenteuer, gestärkt und voller Tatendrang, im Wissen, dass Einfallsreichtum ihren Pfad erleuchten würde.

Und so wurde die Geschichte vom toten Elefanten nicht nur zu einer Erzählung von Täuschung, sondern zu einem Wandteppich aus Weisheit, der in den alten Wäldern Ghanas noch für Generationen weitergeflüstert wird.

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