Feiger Mann und sein Feind – Somali-Folklore von Igal Shidad
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Über die Geschichte: Feiger Mann und sein Feind – Somali-Folklore von Igal Shidad ist ein Volksmärchen aus somalia, der im Antik spielt. Diese Humorvoll Erzählung erforscht Themen wie Mut und ist geeignet für Alle Altersgruppen. Sie bietet Kulturell Einblicke. Eine schlaue somalische Volksgeschichte über Igal Shidad, der Angst und Feinde auf den Wüstensanden überlistet.
Einleitung
Am Rand schimmernder Dünen entfaltete sich die Morgendämmerung wie eine staubige Schriftrolle am Himmel. Ein blasses Leuchten ergoss sich so sanft über den Wüstenboden wie das Flüstern einer alten Großmutter. Igal Shidad saß auf einer zerschlissenen Ziegenfellmatte, deren grobes Wollgewebe seine Beine wie ein Schwarm dornartiger Krümel stach. Ein schwacher Duft von Ziegenmilch hing in der Luft, und ferne Blöken klang wie eine entfernte Schlafenswiege. Obwohl er vielerlei Weisheit besaß, war er in der Wüste berüchtigt für eine Feigheit, die schärfer stach als ein Skorpion. nin aan riyada qabin, rajo ma laha, murmelten die Ältesten – wer keinen Traum hat, hat keine Hoffnung.
Jeden Morgen trieb er seine Ziegen in einem lockeren Zug zusammen, ihre Glöckchen klangen wie lachende Stimmen im Wind. Igals Herz schlug schneller, wenn ein Habicht über ihm kreiste, als wäre er ein Vorbote des Unheils. Bis zum Mittag stieg die Hitze, bis der Boden wie versilbertes Glas flimmerte. Schweißperlen traten ihm auf die Stirn, und das raue Leder seiner Tasche rieb seinen Arm wund. Doch in seinem Kopf wirbelten Listen, klüger als jeder polierte Spiegel.
Im Dorf tuschelte man von einem umherziehenden Feind namens Cali Gacalo, einem rivalisierenden Hirten, dessen Grausamkeit wie ein Blitz in der Mittagssonne zucken konnte. Cali begehrte Igals grüne Weide und seine kräftigen Ziegen, und seine Stimme klang hart wie ausgedörrter Stein. Wenn die Drohung nahte, zitterten Igals Beine wie die eines Fohlens beim ersten Stehen. Die Sonne brannte, der Duft staubigen Salbeis brannte in seinen Nasenflügeln, und hinter ihm klagte die Trockenpfiffe der Panflöte ihr einsames Lied. Wie sollte ein so ängstlicher Mann einem solchen Gegner entgegentreten?
So begann die unwahrscheinliche Geschichte von Feigheit und Mut, die einander vereinten wie zwei Wüstenfüchse, die unter dem Mondlicht tanzten. Auf den folgenden Seiten werden Sie Igals gewagtesten Trick erleben: Denn manchmal wohnt die größte Tapferkeit in einem zitternden Herzen.
Ein scheues Herz in der Wüstendämmerung
Am nächsten Morgen schlich Igal aus seinem Segeltuchzelt, so schüchtern wie ein Fuchs unter dem Blick eines Jägers. Er richtete seinen Ledergürtel, dessen Kanten so glatt waren wie flussgerundete Kieselsteine, und blickte über die sich endlos erstreckenden Dünen. Die Ziegen blökten leise, ihr warmer Atem hing wie Dampf über einem Kochtopf in der ruhigen Luft. Ein Hauch Wind raschelte durch die Zweige der Akazie und trug den Duft von Harz und Staub. Igal legte die Hand an den rissigen Stamm; er spürte seine knorrige Rinde wie die Linien in der Hand eines alten Mannes. Er konnte nicht anders, als zu zittern, denn jede ferne Silhouette schien eine herannahende Armee zu sein.
Jeden Tag hütete er seine Herde mit einer eigentümlichen Mischung aus Vorsicht und Neugier. Während andere Hirten unter der gleißenden Sonne ihre Heldentaten prahlten, fürchtete Igal sogar das Einfachste: Wasser aus dem Brunnen zu holen, verlorene Ziegen zurückzubringen, ja das Heben seines Messers fühlte sich an, als schwinge er selbst Donnerschläge. Er bewahrte eine kleine Flasche Kamelmilch in seiner Robe auf und trank sie, sobald die Angst seinen Brustkorb zerrte. Die kühle Flüssigkeit rann wohltuend seinen Rachen hinab – doch sein Herz blieb ein gefangenes Vögelchen in seinem Käfig.
Die Dorfbewohner lachten über seinen Ruf und nannten ihn nin hay badnaan yaaban ah – einen Mann, der in seiner eigenen Furcht umhertappt. Doch er besaß einen Geist so scharf wie ein geschliffener Diamant. Wenn Ziegen in dornigen Gestrüpp gerieten, fertigte er aus Ziegenhaarfäden geschickte Netze, statt kopflos hineinzulaufen. Seine Stimme, zitternd zwar, lenkte die Herde mit der ruhigen Tonlage eines erfahrenen Dichters. Selbst sein ungeschicktester Tremor trug den sanften Rhythmus einer vorüberziehenden Brise.
Unter dem azurblauen Himmelszelt fasste Igal den Entschluss, seinem Verstand die Ehre zu erweisen. Erwartet die Welt, dass er vor Angst erstarrt, so würde er gehorchen – jedoch nur bis zu dem Moment, da er einen Weg zum Sieg fand. Die lebenden Dünen schienen zuzusehen, ihre Oberfläche schimmerte im Morgenlicht wie flüssiges Kupfer. Die Bühne war bereitet: ein scheues Herz, das lernen sollte, dass Mut manchmal der letzte Gast des Festes ist.

Der ziehende Feind kommt näher
Wie ein Donnerschlag erreichte Igal die Nachricht: Cali Gacalos Schatten wurde am Horizont gesichtet. Sein Rivale schritt mit dem stolzen Gang eines Wüstentiers über die Sandmeere. Die Luft knisterte, als stöße man Feuerstein auf Stahl. Igals Puls dröhnte in den Ohren, während er auf die Staubfahnen starrte, die in der Ferne wirbelten. Er atmete scharf ein und schmeckte die beißende Note der Angst, vermischt mit der Würze wilder Basilikumzweige.
Bis zum Mittag war Calis Lager in Sicht – ein Haufen schwarzer Zelte, auf der ockerfarbenen Erde hingestellt wie Onyxstücke. Der rivalisierende Hirte trat hervor, seine Gewänder wehten im Wind, sein Lachen klang kratzig wie Kamelhufe auf hartem Boden. Um ihn herum blökten dreißig Ziegen nervös an kurzen Stricken. Igal zählte sie mit zusammengekniffenen Augen und verfluchte seine zitternden Glieder. Er wollte fliehen, in den Dünen verschwinden wie der Schlaf des Mondlichts.
Doch etwas regte sich in ihm – ein Funken Empörung, heller als die Mittagssonne. Er beugte sich herab, spürte den Sand unter seiner Hand, und erinnerte sich an die Worte seiner Mutter: „Wo die Furcht führt, folgt der Verstand auf sichereren Pfaden.“ Mit diesem schmalen Hoffnungsstrahl richtete er sich auf, obwohl seine Hände wie vom Wind verwehte Körner zitterten.
Cali Gacalo kam näher, die Nüstern weiteten sich wie bei einem wütenden Stier. „Also will der feige Hirte diese Ziegen bewachen?“ zischte er, seine Stimme klang rau wie zerfurchtes Treibholz. Igal schluckte, die trockene Luft kratzte in seinem Hals. Er zwang sich zu einem wackeligen Lächeln und verbeugte sich höflich, so holprig wie ein alter Hocker. Das Gelächter des Gegners rollte über die Ebene wie drohendes Gewitter.
Hinter den Männern regten sich die Ziegen, unruhig durch die gespannte Stimmung. Ein einsamer Wind strich vorbei und trug den Duft erhitzten Gesteins und fernen Salbeis heran. Igals Gedanken rasten: Er konnte Calis rohe Kraft nicht mit Kraft begegnen, doch vielleicht mit List. Er rückte näher, tat so, als gewänne er an Selbstvertrauen, als säße er in fremden Gewändern. Denn ein scheues Herz mag am Abgrund tanzen, doch Klugheit ebnet oft den sicheren Weg.

List unter der Akazie
Als die Sonne wie eine glühende Kugel am Himmel stand, bat Igal Cali in den Schatten einer weit ausladenden Akazie. Die verwachsenen Zweige webten ein filigranes Blätterdach, in dem das Licht gescheckte Muster auf den Sand malte. Igal legte seine Idee in eine Geste und bot Cali Ziegenmilch und Fladenbrot mit Sesam an. Die brüchige Kruste stand im Kontrast zur samtigen Wärme der Milch, die sanft seine Kehle hinabströmte.
„Koste die Gabe der Freundschaft“, sagte Igal leise, seine Stimme fest, obwohl sein Puls wie ein gefangenes Vöglein hämmerte. Er deutete in Richtung Horizont, wo die Dünen sich wie Wellen vor einem Sturm wanden. „Jenseits jener Hügel liegt eine versteckte Weide voller grüner Triebe. Du, als kräftigerer Hirt, solltest sie dir sichern, bevor sie vertrocknet.“ Seine Worte flossen so geschmeidig wie Wüstenseide. Der Rivale musterte ihn mit misstrauischem, zugleich gierigen Blick.
Calis Augen verfinsterten sich vor Neid. „Führ mich hin“, knurrte er und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. „Zeig mir sofort den Weg.“ Tief verneigte sich Igal. „Mit Freude, mein mutiger Freund.“ Er erhob sich und führte ihn zu einem schmalen Wadi, das von Dornenbüschen gesäumt war. Jeder Schritt knirschte unter den Sandalen wie brüchiges Glas. Ein Lüftchen rauschte durch die Akazienblätter und trug den leichten Duft von wildem Minzegrün herbei.
Igal lotste Cali durch Windungen und Senken, die weiter von der wirklichen Weide wegführten, während er dessen Aufmerksamkeit festhielt – mit aufrichtigen Gesten und einem festen Blick. Als die Sonne sich senkte und lange Schatten wie riesige Finger warf, brachte er ihn zurück zum ursprünglichen Zeltlager. Die Ziegen blökten überrascht, als begrüßten sie alte Bekannte.
Cali blieb stehen, seine Augen funkelten scharf. „Das ist keine grüne Weide“, fauchte er, seine Wut schmolz wie flüssiges Blei. „Du hast mich getäuscht!“ Igals Herz schlug wie wild, doch er verstummte nicht. „Vielleicht“, gab er leise zu, „doch das wahre Geschenk liegt hier: in ehrlicher Arbeit und einer treuen Herde.“ Wut verzerrte Calis Gesicht, dann wandte er sich ab, und der Wüstenwind jagte ihn davon wie einen aufgescheuchten Schakal. In diesem Augenblick knisterte der Sieg, süß wie Honigdatteln bei Sonnenuntergang.

Ein Triumph des Verstandes über die Furcht
Die Nacht senkte sich wie ein samtener Mantel, übersät mit funkelnden Sternen, so hell wie verstreute Perlen. Um ein prasselndes Feuer drängten sich die Ziegen, und Igals Lager erfüllten zufriedenes Rascheln und leises Blöken. Der Duft brennenden Akazienholzes mischte sich mit dem Aroma eines gewürzten Eintopfs und beruhigte seine aufgewühlten Nerven. Er betrachtete die tanzenden Flammenzungen, jede wie ein fröhlicher Kobold.
Als der Morgen dämmerte, war Cali Gacalo verschwunden, hatte nur Fußspuren hinterlassen, die der Wind längst verweht hatte. Igal dachte daran, wie die Furcht sein ungebetener Begleiter gewesen war, doch der Verstand sein neuer Freund geworden war. Er hütete seine Herde nun mit ruhigem Blick, die weichen Felle der Ziegen wärmten ihn gegen die noch kühle Morgenluft. Schatten, die über den Sand glitten, ließen ihn nicht mehr erzittern; neugierig betrachtete er sie, wie ein Kind, das Muscheln am Fernstrand entdeckt.
Die Dorfbewohner kamen, um seine List zu preisen, sie nannten ihn geesi caqliga leh – den klugen Helden. Kinder versammelten sich um ihn, die Augen groß, und lauschten gebannt seinen Erzählungen von der gewagten List. Selbst die Alten, die einst den Kopf über seine Ängstlichkeit geschüttelt hatten, nickten nun mit stillem Respekt. Die Wüste hatte ihm gezeigt, dass Mut und Feigheit dieselben Partner im Tanz sind – ohne den einen gäbe es den anderen nicht.
Von da an trug Igal Shidad seine Furcht wie einen Schild, nicht wie eine Kette. Wenn Stürme über die Dünen peitschten, schützte er seine Herde mit stabilen Zelten und murmelte ruhige Gebete. Tauchte ein wilder Schakal auf, begegnete er dessen gelben Blick mit der festen Entschlossenheit eines Mannes, der den Wert kluger Vorsicht kennt. Sein Ruhm verbreitete sich über sonnenversengte Pfade und mondbeschienene Ebenen und erinnerte alle daran, dass die mächtigsten Krieger manchmal zitternde Herzen tragen.
Und wenn am Abend die Sonne in ihrem letzten Glühen versank, lächelte Igal. Er hatte erkannt, dass ein feiger Mann mutiger sein kann als die kühnste Seele – wenn er nur den Mut hat, klug zu sein, sobald seine Knie nachgeben.

Schlussbemerkung
Igal Shidads Geschichte hallt weiter wie ein Echo in den Winden Somalias weiten Wüsten. Er war weder der wildeste Krieger noch die lauteste Stimme am Lagerfeuer, doch sein Vermächtnis leuchtete heller als die Mittagssonne auf goldenem Sand. Er hatte gelernt, dass Furcht nicht das Ende einer Geschichte sein muss, sondern der erste Funke für ein noch wagemutigeres Kapitel. Obwohl seine Knie einst beim Anblick eines Schattens zitterten, blieb sein Verstand eine Festung aus flüssiger Klugheit.
Die Ziegen, die er hütete, gediehen unter seinem wachsamen Blick, ihre Felle glänzten beim Morgengrauen wie von Tau benetzter Marmor. Nachbarn suchten seinen Rat, wenn sie ihren eigenen unsichtbaren Feinden – wilden Tieren oder leisen Zweifeln – begegneten. Kinder übten in ihrem Spiel seine Kniffe und stellten sich vor, sie schlügen listige Skorpione oder gerissene Wüstenfüchse aus.
Selbst der Wind schien seine Lektion fortzutragen: dass Mut nicht die Abwesenheit von Furcht ist, sondern die Entscheidung, ihr mit klugem Herzen zu begegnen. Jahre zogen dahin wie wandernde Dünen, und Igals Haar ergraute wie vom Mondlicht geküsstes Weizenfeld. Doch in seinen Augen funkelte noch immer der Geist eines Mannes, der entdeckt hatte, dass Tapferkeit aus den unerwartetsten Samen erblüht.
Wenn also die Nacht erneut über die Dünen fällt und die Akazien im Sternenlicht säuseln, erinnere dich an den scheuen Hirten, der den Schrecken zum Lachen brachte. Lass seine Geschichte zur Lampe in der Dunkelheit werden, die alle leitet, die fürchten, den Weg ins Unbekannte zu wagen. Denn oft ist nicht die lauteste Stimme siegreich, sondern der leise Verstand, der aus den Fäden der Furcht Triumph webt.