Die Geschichte des Noppera-bo

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Die Geschichte des Noppera-bo
A merchant walks along an ancient forest path at dusk, his surroundings heavy with an eerie, supernatural atmosphere. Shadows stretch across the trail as fading sunlight filters through dense trees, setting the tone for the story.

Über die Geschichte: Die Geschichte des Noppera-bo ist ein Folktale aus japan, der im Ancient spielt. Diese Descriptive Erzählung erforscht Themen wie Redemption und ist geeignet für Adults. Sie bietet Moral Einblicke. Eine gespenstische Reise durch die unheimliche Legende des gesichtslosen Noppera-bo.

**Vor langer Zeit, auf dem ländlichen Hinterland Japans, als der Schleier zwischen der spirituellen und der physischen Welt dünn war, wurzeln gespenstische Legenden im Bewusstsein der Menschen. Unter den furchterregendsten dieser Geschichten war die des Noppera-bo, dem gesichtslosen Gespenst, das an den unerwartetsten Orten erscheinen konnte. Die Noppera-bo unterschieden sich von anderen Yokai; ihr beunruhigendes Fehlen von Gesichtszügen jagte jedem Angst ein, der ihnen begegnete. Diese Erzählung berichtet von den Erfahrungen eines Wanderhändlers, der auf diese unheimliche Kreatur traf, und den Konsequenzen, die daraus resultierten, als er sich mit den unbekannten Kräften einmischte, die in den Schatten der alten Wälder lauerten.**

**Die Reise beginnt**

Die Sonne tauchte unter den Horizont und warf ein sanftes bernsteinfarbenes Leuchten über die Felder. Der Händler, namens Jiro, verschob das Gewicht seines Beutels auf seiner Schulter. Er reiste seit Tagen, von einem Dorf zum nächsten, und verkaufte Waren, die von Seidenstoffen bis zu handgefertigten Schmuckstücken reichten. Doch dieser Abend fühlte sich anders an. Eine Schwere lag in der Luft, und der einst vertraute Weg vor ihm schien bei Einbruch der Dämmerung unheilvoller.

Jiro blickte zum dichten Blätterdach der Bäume, die den Weg säumten. Der Wind raschelte durch die Äste, sodass es klang, als würden flüsternde Stimmen vom Wind getragen. Er beschleunigte sein Tempo, bestrebt, das nächste Dorf zu erreichen, bevor die Dunkelheit das Land vollständig umhüllte.

Während er ging, erschien eine Gestalt vor ihm auf dem Pfad—eine Frau, leicht gebeugt, deren Kimono im Wind flatterte. Sie stand still, als würde sie auf etwas warten. Ihre Anwesenheit erschien Jiro ungewöhnlich, denn es war selten, jemanden allein in den Wäldern zu diesem Zeitpunkt des Tages zu sehen. Vorsichtig näherte er sich.

„Guten Abend“, rief Jiro und versuchte, seine Stimme ruhig zu halten.

Die Frau antwortete nicht. Stattdessen drehte sie sich langsam zu ihm um. Ihr Gesicht war unter dem Schatten eines breitkrempigen Hutes verborgen, und ihre Haltung war steif, fast unnatürlich.

„Haben Sie sich verirrt?“, fragte er, nun nur noch wenige Meter entfernt.

Der Kopf der Frau hob sich leicht, und gab einen flüchtigen Blick auf ihr Gesicht—oder vielmehr das Fehlen davon. Jiros Herz erstarrte. Wo ihre Augen, Nase und Mund sein sollten, war nichts—nur glatte, blasse Haut.

Jiro wankte zurück, sein Beutel fiel zu Boden. Die gesichtslose Frau stand reglos da, ihre Präsenz überflutete ihn mit Furcht. Er drehte sich um und rannte, wagte es nicht zurückzublicken. Seine Beine trugen ihn schneller, als er für möglich hielt, und die Schatten des Waldes schienen sich um ihn zu schließen.

**Eine gespenstische Begegnung**

Jiro hörte erst auf zu rennen, als er die Randgebiete des nächsten Dorfes erreichte. Sein Atem kam in keuchenden Zügen, und seine Beine drohten, unter ihm nachzugeben. Das Dorf war still, die Straßen fast leer, abgesehen von einigen Dorfbewohnern, die ihren abendlichen Pflichten nachgingen. Als er in der Nähe eines Brunnens zusammenbrach, näherte sich ihm ein junger Bauer.

„Geht es Ihnen gut, Reisender?“, fragte der Bauer und bot ihm die Hand, um ihm aufzustehen.

Jiro ergriff die angebotene Hand, sein Geist noch immer verwirrt von dem, was er gerade gesehen hatte. „Ich... ich habe etwas gesehen. Eine Frau, oder eher etwas, das wie eine Frau aussah. Sie hatte kein Gesicht!“

Der Gesichtsausdruck des Bauern änderte sich sofort von Besorgnis zu Unbehagen. „Ein Noppera-bo“, flüsterte er. „Sie haben Glück, dass Sie hier unverletzt angekommen sind.“

Der Name jagte Jiro einen Schauer über den Rücken. Er hatte vom Noppera-bo nur flüchtig gehört—geisterhafte Wesen, die die Form von Menschen annahmen, nur um im letzten Moment ihr gesichtslose Antlitz zu enthüllen und jeden zu erschrecken, der ihnen begegnete. Doch er hatte solche Geschichten nie geglaubt und hielt sie für nichts weiter als lokale Aberglauben.

„Ich muss diesen Ort verlassen“, sagte Jiro, die Panik stieg in seiner Brust. „Ich kann nicht hier bleiben, in dem Wissen, dass dieses Ding da draußen ist.“

Der Bauer schüttelte den Kopf. „Man kann nicht vor ihnen davonlaufen. Die Noppera-bo werden von Angst angezogen. Je mehr Sie versuchen zu fliehen, desto näher kommen sie.“

Jiro fühlte, wie eine sinkende Angst ihn ergriff. Er wusste, dass der Bauer die Wahrheit sagte, denn er konnte die bedrückende Präsenz der Kreatur noch immer am Rande seines Bewusstseins spüren. Ohne eine andere Wahl entschied sich Jiro widerwillig, die Nacht im Dorf zu verbringen, in der Hoffnung, dass die Sicherheit der Mauern die Noppera-bo fernhalten würde.

**Die alte Herberge**

Als die Nacht hereinbrach, fand Jiro Unterkunft in einer kleinen, betagten Herberge nahe dem Dorfzentrum. Die Wirtin, eine ältere Frau mit sanftem Wesen, begrüßte ihn mit einer warmen Mahlzeit und einem Futon am Herd. Das knisternde Feuer und das sanfte Murmeln des Windes draußen konnten Jiros beunruhigte Gedanken kaum lindern. Er konnte die Erinnerung an die gesichtslose Frau nicht aus seinem Kopf verbannen.

„Sie sind nicht der Erste, der von solchen Dingen erzählt“, sagte die Wirtin, während sie ihm eine Tasse Tee hinstellte. „Viele Reisende kamen durch diese Gegend und gingen mit Geschichten über die Noppera-bo wieder.“

Jiro schaute sie überrascht an. „Sie haben sie gesehen?“

Die Wirtin nickte langsam. „Nicht ich persönlich, aber mein verstorbener Ehemann. Er traf vor vielen Jahren auf einen, und der Schrecken hat ihn nie verlassen. Manche sagen, sie sind Schemen des Unfugs, andere glauben, sie sind Boten aus der anderen Welt, die uns vor Dingen warnen, die wir noch nicht verstehen können.“

Jiro nahm einen Schluck Tee, seine Hände zitterten leicht. „Warum erscheinen sie? Was wollen sie?“

„Niemand weiß es genau“, sagte sie. „Aber sie scheinen diejenigen zu suchen, die verloren sind—physisch oder spirituell. Sie spielen mit unseren Ängsten und testen uns auf Weisen, die wir kaum begreifen können.“

Jiro blieb einen Moment schweigend, nachdenklich über ihre Worte. Er hatte sich so sehr auf sein Geschäft und seine Reisen konzentriert, dass er nicht bemerkt hatte, wie sehr er sich von allem anderen entfremdet hatte. War das der Grund, warum die Noppera-bo ihm erschienen waren?

**Der Wächter im Schatten**

Die Nacht verging, und Jiro zog sich schließlich in sein Zimmer zurück, obwohl der Schlaf nicht leicht kam. Die Schatten in den Ecken schienen sich von selbst zu bewegen, und jedes Knarren der Dielen ließ seine Nerven auf die Spitze treiben. Stunden vergingen in ruheloser Angst, bis er schließlich in einen unruhigen Schlaf fiel.

Doch seine Ruhe währte nur kurz.

Mitten in der Nacht wurde er mit einem Ruck wach, das Gefühl, beobachtet zu werden, kroch ihm über die Haut. Das Zimmer war dunkel, abgesehen von dem schwachen Mondlicht, das durch die Papierjalousien fiel. Jiro setzte sich langsam auf, sein Atem flach und sein Herz pochte heftig in seiner Brust.

Dort, am Fuß seines Futons, stand eine Gestalt—eine Frau, deren Kimono leise raschelte, als sie sich bewegte. Er erkannte sie sofort. Es war dieselbe gesichtslose Frau aus dem Wald.

Jiros Blut fror. Er wollte schreien, weglaufen, aber sein Körper weigerte sich sich zu bewegen. Der Noppera-bo stand reglos da, ihr glattes, gesichtsloses Antlitz direkt auf ihn gerichtet. Keine Augen, kein Mund, kein Ausdruck—doch er konnte ihren Blick auf sich spüren, erdrückend in seiner Intensität.

Das Zimmer schien sich um ihn zu schließen, und gerade als Jiro dachte, er könnte nicht mehr ertragen, drehte sich die Frau um und glitt schweigend zur Tür. Sie hielt kurz inne, ihre Gestalt verschmolz mit den Schatten, und dann war sie verschwunden.

Jiro saß wie erstarrt da, sein Geist raste. Er wusste, dass er nicht länger in diesem Dorf bleiben konnte. Die Noppera-bo hatten ihn wiedergefunden und würden nicht aufhören, bis sie bekamen, was sie wollten—was auch immer das war.

**Die Flucht**

Bei der ersten Morgendämmerung packte Jiro seine Habseligkeiten und verließ die Herberge ohne ein Wort. Er wusste nicht, wohin er ging, aber irgendwohin war besser als hier. Die Dorfstraßen waren leer, und die Welt schien unheimlich still, als hätte das ganze Dorf unter einem Zaubergestanden.

Während er den Waldweg zurückging, warf Jiro immer wieder Blicke über die Schulter, halb erwartete er, den Noppera-bo zu sehen, wie sie ihm folgte. Doch die Straße blieb verlassen.

Stunden vergingen, und Jiro fand sich erneut tief im Wald wieder, der Pfad schien endlos vor ihm hinzuwinden. Seine Beine schmerzten, und sein Geist war von Erschöpfung getrübt. Er wusste, dass er nicht so weitergehen konnte, aber er hatte zu viel Angst, um anzuhalten.

Gerade als die Sonne unterzugehen begann, stolperte Jiro über einen kleinen Schrein, der sich zwischen den Bäumen versteckte. Er war alt und verwittert, das Holz durch die Zeit und die Elemente verdunkelt. Verzweifelt nach irgendeinem Schutz suchend, kniete Jiro vor dem Schrein und betete. Er flehte die Geister des Waldes um Führung und Sicherheit vor der gesichtslosen Kreatur an, die ihn verfolgte.

Die Luft um ihn herum wurde still, und für einen Moment dachte Jiro, er sei gehört worden. Doch als er die Augen öffnete, stand eine vertraute Gestalt vor ihm—der Noppera-bo.

Diesmal jedoch blieb die gesichtslose Frau nicht still. In einer Stimme, die gleichzeitig von überall und nirgendwo zu kommen schien, sprach sie.

„Du kannst nicht vor dem weglaufen, was du fürchtest, Jiro. Der Noppera-bo ist ein Spiegelbild deines eigenen Geistes, eine Erinnerung an das, was du verloren hast.“

Jiro starrte sie verwirrt und verängstigt an. „Was willst du von mir?“

Die Frau neigte leicht den Kopf, als würde sie seine Frage bedenken. „Ich möchte, dass du dich erinnerst.“

**Die Offenbarung**

Jiros Geist raste, während er versuchte, ihre Worte zu verstehen. Was hatte er vergessen? Wor an sollte er sich erinnern?

Der Noppera-bo trat näher, ihr gesichtsloses Antlitz über ihm emporragend. „Du bist vom Weg abgekommen, Jiro. Nicht nur in der physischen Welt, sondern auch in deinem Herzen. Du hast den Bezug zu den Dingen verloren, die wirklich zählen—deiner Familie, deinem Zuhause, deinem Zweck.“

Plötzlich fluteten Erinnerungen Jiros Geist. Er sah Bilder seiner Frau und Kinder, die zuhause auf ihn warteten. Er hatte ihnen versprochen, bald zurückzukehren, aber dieses Versprechen war unter den Anforderungen seines Handels begraben worden. Er war immer weiter gereist, auf der Jagd nach Reichtum und Erfolg, doch dabei hatte er aus den Augen verloren, was wirklich wichtig war.

Tränen stiegen ihm in die Augen, als die Last seiner Erkenntnis auf ihm lastete. „Ich... ich wollte sie nie vergessen“, flüsterte er, die Stimme zitternd.

Der Noppera-bo schwieg, doch ihre Präsenz schien sich zu mildern. Die bedrückende Aura, die sie umgeben hatte, ließ nach, und zum ersten Mal verspürte Jiro einen Gefühl von Frieden.

„Du hast immer noch eine Chance“, sagte der Noppera-bo leise. „Geh nach Hause. Verbinde dich wieder mit denen, die du liebst. Der Weg wird wieder klar werden.“

Mit diesen letzten Worten verschwand der Noppera-bo in den Schatten und ließ Jiro allein vor dem Schrein zurück.

**Die Rückkehr**

Jiro stand lange Zeit dort, die Ereignisse der letzten Tage wirbelten in seinem Geist. Er wusste jetzt, was er tun musste. Ihm war eine zweite Chance gegeben worden—eine Chance, die Dinge richtigzustellen.

Er drehte sich um und begann die lange Reise zurück nach Hause, seine Schritte leichter als sie es seit langem gewesen waren. Der Wald erschien nicht mehr bedrohlich, und das Gewicht, das auf seiner Brust lastete, war verschwunden.

Als Jiro schließlich sein Dorf erreichte, wurde er mit offenen Armen von seiner Familie empfangen. Seine Frau umarmte ihn fest, Tränen der Freude in den Augen. Seine Kinder lachten und spielten um ihn herum, ihre unschuldigen Gesichter erinnerten ihn an all das, was er verpasst hatte.

Zum ersten Mal seit Jahren fühlte sich Jiro wirklich in Frieden. Er hatte eine wertvolle Lektion gelernt—nicht nur über die Gefahren des Noppera-bo, sondern auch über die Bedeutung, mit den Dingen verbunden zu bleiben, die wirklich zählen.

Der Noppera-bo war ein Spiegelbild seiner eigenen Ängste und Zweifel gewesen, eine Erinnerung an die Leere, die sich in seiner Seele eingenistet hatte. Doch jetzt war diese Leere verschwunden, ersetzt durch die Wärme der Liebe und den Trost des Zuhauses.

**Die Legende lebt weiter**

Im Laufe der Jahre erzählte Jiro seinen Kindern gelegentlich die Geschichte des Noppera-bo—des gesichtslosen Geistes, der ihn einst heimgesucht hatte. Es wurde zur Legende in ihrem Dorf, eine Geschichte, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde.

Manche sagten, die Noppera-bo seien Geister des Waldes, andere glaubten, sie seien Manifestationen der inneren Ängste eines Menschen. Doch für Jiro waren sie etwas viel Tieferes gewesen—ein Führer, der ihm half, den Weg zurück zu dem zu finden, was wirklich zählte.

Selbst nachdem Jiro alt geworden war und seine Haare silbrig wurden, ging er manchmal bei Dämmerung die Waldwege entlang, in der Hoffnung, die gesichtslose Frau noch einmal zu erblicken. Doch sie erschien nie wieder.

Vielleicht, dachte er, hatten die Noppera-bo ihren Zweck erfüllt und ihm erlaubt, sein Leben in Frieden zu leben.

Und so wurde die Geschichte des Noppera-bo Teil des Geflechts der Volksüberlieferung des Dorfes—eine gespenstische Erinnerung daran, dass manchmal die Dinge, vor denen wir am meisten Angst haben, nicht die Geister sind, die in den Schatten lauern, sondern die Geister, die wir in uns selbst tragen.

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