Die Glockenhexe von Alabama

14 min

Die Glockenhexe von Alabama
The Bell homestead at dusk: a solitary lantern casts trembling light across the cotton fields while unseen presences linger in the gathering gloom.

Über die Geschichte: Die Glockenhexe von Alabama ist ein Legende aus united-states, der im 19. Jahrhundert spielt. Diese Dramatisch Erzählung erforscht Themen wie Gut gegen Böse und ist geeignet für Erwachsene. Sie bietet Unterhaltsam Einblicke. Eine schaurige Legende von einem ruhelosen Geist, der in den letzten Tagen des 19. Jahrhunderts eine abgelegene Farm in Alabama heimsucht.

Einleitung

Tief im Herzen des Wilcox County legte sich mit Einbruch der Dämmerung eine Stille über die Bell-Farm, die sich wie ein dunkler Wollteppich über die Baumwollfelder spannte. Die Luft fühlte sich schwer an, beinahe greifbar, wie kalter Sirup, der träge durch die Baumkronen floss. Auf der breiten Veranda flackerte eine einsame Laterne, deren Flamme wie unruhige Glühwürmchen tanzte. Die Einheimischen schworen, sie hätten Schatten gesehen, die jenseits der Kiefern umherhuschten.

Der alte Bell murmelte früher von Streichen, die weit über kindischen Unfug hinausgingen. Werkzeuge verschwanden, um zu ungeraden Stunden laut klappernd in der Scheune wieder aufzutauchen. Mit jedem Schritt auf den knarrenden Dielen stieg der Duft von feuchter Erde auf. Jeder Sonnenaufgang brachte neue Hinweise auf höhnisches Gelächter, das durch den Dachstuhl hallte.

Mrs. Bell, stets nervös, berichtete von einem leisen Gesang, der sich in die Mitternachtsstille einzuflechten schien. Ein schwacher Hauch von verbranntem Rosmarin drang durch die Ritzen der Tür und blieb wie ein geisterhaftes Parfum in der Luft hängen. Unter diesem Duft lag ein feines Zittern, als würde der Stoff der Wirklichkeit unter unsichtbaren Händen erzittern.

Manche schworen, eine kalte Hand habe ihre Wange gestreift, eine Berührung, die das Gewicht ganzer Jahrhunderte mit sich brachte. Das Rascheln vertrockneter Blätter draußen klang wie geflüsterte Klatschgeschichten auf einer südlichen Brise. Und immer, irgendwo jenseits ihres Blickfelds, tanzte eine Gestalt am Rande des Mondlichts und versprach, dass die Bell-Hexe erst ruhen würde, wenn ihre Geschichte erzählt war.

Mit jedem länger werdenden Abend spann sich eine unruhige Furcht um jede Seele im County. Sie war wie der Versuch, Nebel mit den Fingernägeln zu greifen – flüchtig und doch unmöglich abzuschütteln. Einige sagten, die Hexe meine es ernst, herrje, und es wäre so unklug, sie zu verärgern, wie einer giftigen Kupferkopfschlange den Weg abzuschneiden.

Die heraufziehende Bedrohung

Wilcox County war kein Neuling, wenn es um seltsame Erzählungen ging, doch das, was sich auf der Farm der Bells abspielte, übertraf jedes geflüsterte Gerücht von Nachbar zu Nachbar. Man sprach von flackernden Schatten, die nach dem Löschen der Laternen über die Wände des Salons krochen. Henry Bell, ein breit gebauter Mann mit ruhigem Wesen, versuchte, die Warnungen als Aberglauben abzutun. Doch seine Stirn legte sich jedes Mal in Falten, wenn der Wind eine unheimliche Stille über die Baumwollreihen trug.

An einem feuchten Nachmittag, als die Zikaden wie ein fernes Chorwerk dröhnten, pochte ein heftiges Klopfen an der Küchentür. Der Klang kam in Dreier- und Viererfolgen, kalte Knöchel gegen altes Kiefernholz. Mrs. Bell erstarrte, Teelöffel in der Hand, als suche sie nach einem Funken Mut. Draußen stand keine lebende Seele, und doch hallte das Klopfen mit unheimlicher Entschlossenheit wider.

Im dämmrigen Raum mischte sich der Duft von feuchtem Zedernholz mit dem scharfen Geruch brennenden Talgwachses. Die Dielen unter Mary Bells pantoffelbewehrten Füßen fühlten sich glatt an, als seien sie heimlich vom Frost überzogen. Sie presste den Rücken gegen die Wand, ihr Herz raste wie ein scheues Reh, während die erdrückende Stille gegen ihre Brust pochte. Es schien, als würde selbst das Holz den Mund halten.

In jener Nacht durchzog ein leises Summen die Dachbalken, seltsam dissonant, Töne webend, die sich wie Dornengestrüpp um die Knochen schlangen. Die Deckenquilts der Kinder verhedderten sich zu Knoten, formten Gestalten, die die Gebete der Familie verspotteten. Im Hof neigte sich die Weide in unmöglichen Bögen, ihre Äste knarrten wie Peitschenhiebe eines uralten Ungeheuers. Die Furcht wuchs so dicht wie Kudzu in verlassenen Feldern.

Nachbarn kamen im Lampenschein herbei, ihre Gesichter von Besorgnis gezeichnet. Sie behaupteten, Mary Bells Schatten am Fenster gesehen zu haben, lange nachdem sie ins Licht zurückgetreten war. Man tuschelte, der Geist habe sein Vergnügen daran, jene zu quälen, die an sie zu zweifeln wagten. Ein finsterer Ruf, der sich schneller verbreitete als ein Lauffeuer.

Mit Einbruch der Mitternacht fegte ein hohles Lachen durch die zerschlagenen Fensterläden. Mit jedem Windstoß ächzte der Schornstein und stieß einen hohlen Atem aus, der die Ängstlichen zur Flucht drängen wollte. Ein fernes Wehklagen erhob und senkte sich, der Schrei eines Wesens gefangen zwischen zwei Welten. Keiner wagte es, nach draußen zu sehen, gebannt von dem Chaos im Haus.

Henry beschloss zu bleiben, fest davon überzeugt, strenger Wille könne jeden Dämon besiegen. Mit ausgestreckter Hand stellte er sich vor den Kamin, rief seinen Glauben und die Erinnerung an die Predigten seines verstorbenen Vaters an. Der Raum wurde eiskalt, jeder Atemzug löste Nebelschwaden, die wie Seufzer der Reue verpufften. Er umklammerte die alte Schrotflinte, das Metall fauchte eine Warnung in der Stille.

Wenig später regnete es Federbüschel von den Dachsparren, tanzend wie scheue Vögel in einem Sturm. Mary schrie auf, als Daunen über ihre Schultern rieselten und ihre Haut prickelnd wie Spinnenseide zurückließen. Der Kamin stotterte, Funken sprangen verrückt an die Wände. Selbst der Hund kroch zitternd unter den Tisch und stieß klagende Winsel aus.

Der alte eichene Esstisch bebte unter unsichtbaren Fäusten, seine lackierte Oberfläche schien feucht und klebrig. Jedes Besteckteil und jeder Teller vibrierte, bis sie mit feierlichem Klang herunterknallten. Marys Fingerspitzen strichen über die Kante, eisig gegen ihre Haut. Sie sah zu Henry hinüber, dessen Kiefer fester zusammengepresst war als eiserne Riegel.

Verwandte versammelten sich zum ernsten Kreis, wogen Gebete gegen praktische Maßnahmen wie Salbei oder Salz ab. Eine Tante schwor, ein Kirchenlied würde die Erscheinung ins Schattenreich treiben. Eine andere bestand darauf, an jede Tür Schwellenzeichen zu kritzeln. Der Streit heizte sich auf, und diese Spannung schien die Laune des Geistes noch weiter anzufachen.

Als die Morgendämmerung durch die Vorhänge kroch, ebbte das Pandämonium so abrupt ab wie die Peitsche eines Schnallenschlags. Die Stille lag schwer im Haus, nur unterbrochen vom Ticken einer Standuhr. In dieser Ruhe entdeckten sie Fußspuren, die von der Scheune bis zum Tor führten und an einer Stelle endeten, wo kein Tor stand. Die Erde war hier umgepflügt wie ein frisches Grab.

Ein Bauernhof im Alabama des 19. Jahrhunderts bei Nacht, beleuchtet von einer flackernden Laterne, mit wirbelnden Schatten, die jenseits der Veranda lauern.
Eine angespannt-feurige Szene auf dem Bell-Anwesen: Henry Bell steht neben einem zitternden Kamin, während gespenstische Schatten im Außenbereich unter einem blassen Mondlicht tanzen.

Flüstern in den Schatten

Die Nacht senkte sich wie ein schwerer Samtvorhang, und mit ihr kamen die unruhigen Seufzer, die das Bell-Haus heimsuchten. Mary Bell saß am Kamin, Kerzenlicht tanzte über ihre tränen-verschmierten Züge. Jeder vom Licht verzerrte Schatten flüsterte ihren Namen, forderte sie auf, in unerreichbare Räume zu blicken. Sie spürte das Gewicht unsichtbarer Augen in ihrem Nacken.

Henry lief im Flur auf und ab, seine Stiefel hallten auf den knarrenden Dielen. Er fragte sich, ob sein störrisches Beharren der Hexe in die Hände spielte. Die Wände rückten näher, als wolle das Haus selbst ihn zerbrechen. Er hob die Laterne, doch ihr Schein schien unter dem stummen Gelächter der Hexe zu erlöschen.

In der Küche kroch ein beißender Geruch aus dem Wurzelkeller, wie verdorbene Milch, die sich in Holzlatten und rostigen Nägeln festsetzte. Die Luft schmeckte säuerlich, Mary holte scharf Luft. Es war, als habe sich die Hexe ins Holz eingeritzt und jede Fuge vergiftet. Sie tauschten Blicke voller Furcht, jene Art, die den Knochen Wärme entzieht.

Im Parlor lag alles in Trümmern: Stühle waren umgestürzt, Tapeten hingen in gezackten Streifen herunter. Henry strich über das zerfetzte Blumenmuster und spürte, wie die Fasern rau waren, als lägen sie unter einer Schicht feiner Staub aus einer anderen Welt. Ihm wurde klar, wie zerbrechlich ihre Welt war, so filigran wie ein Spinnennetz im Sturm. Die Hexe spielte mit dieser Zerbrechlichkeit.

Plötzlich tönte ein Klopfen vom Brunnen draußen, langsam und bedacht. Marys Puls hämmerte wie ein Schmiedamboss. Sie stürzte zur Tür, erwartete Dunkelheit und Staub, fand jedoch eine einzelne weiße Rose auf der Schwelle. Ihre Blütenblätter glänzten wie frischer Schnee gegen den matten Lehm – unmöglich und beunruhigend zugleich.

Ein tiefes Summen erhob sich, klang wie tausend Bienen unter Glas gefangen. Es vibrierte durch den Boden, ließ Krüge im Vorratsschrank klirren und jagte Henry einen Schauer über den Rücken. Jeder Herzschlag im Haus trommelte im Takt dieses Summens, eine düstere Sinfonie des Phantom-Meisters.

Als die Morgendämmerung nahte, entdeckten sie Brandmale im Kamin: Symbole, die Mary aus dem verbotenen Grimorium ihrer Großmutter kannte. Die Runen glühten schwach wie Glutreste im Aschebett. Henry kniete nieder, sein Finger prickelte, als er sie berührte. Er zog die Hand zurück, die Haut gerötet wie Brandmal.

Die Familiendecke, einst dick und tröstlich, lag zerrissen in der Kinderstube. Das Stoffgewebe, einst so weich wie Sommerwind, fühlte sich brüchig unter Marys Hand an, Fäden knackten wie alte Knochen. Sie sammelte die Reste auf, jeder Fetzen erzählte von Verletzung. Jeder Faser hing die Spottlust der Hexe an.

Die Nachbarn mieden das Haus, flüsterten, die Bell-Farm sei verflucht und nicht mehr zu retten. Selbst wandernde Prediger ließen sich nicht blicken, aus Furcht, ein Übel gegen ein anderes einzutauschen. Doch eine Handvoll blieb, drückte Gebetsketten in rissige Hände, schwor, die Bells in jeder Prüfung beizustehen. Ihre Solidarität flackerte wie ein Leuchtturm im Dunkel.

Um den Fluch zu brechen, besorgte Henry ein Bündel Brennnesseln und Salz, Rituale, die von seinen schottisch-irischen Vorfahren überliefert waren. Er zog Kreise auf die Dielen, weiße Linien, die im Fackelschein schimmerten. Das Salz knirschte unter den Füßen – jede Körnung eine kleine Barrikade gegen die Dunkelheit. Doch die Schatten zuckten nur spöttisch.

Am Abend erhob sich eine hohle Stimme aus den Sparren: „Ihr bindet mich nicht so leicht.“ Sie durchdrang den Dachstuhl, ein kratzendes Spottlied, das Marys Nackenhaare aufstellte wie Wächter. Sie klammerte sich an Henrys Hand, ihre Nägel gruben sich aus Angst in seine Haut. Sie standen Seite an Seite, doch die Furcht drohte, sie zu zerreißen.

Bis die Kerze verglüht war, schwand jede Hoffnung wie Wasser in der Wüste. Dennoch fasste Mary den Entschluss, Antworten im Tagebuch zu suchen, das sie unter losen Dielen gefunden hatte. Seine Seiten erzählten von einer Frau, die Unrecht erlitt, deren Geist von Verrat und Kummer verdreht wurde. Vielleicht konnte das Verstehen dieses Leids die Wut der Hexe zähmen und Bosheit in Barmherzigkeit verwandeln. Ein Plan in Glaube und Verzweiflung geschmiedet.

Mary studierte das verwischte Schriftbild, die Tinte durchdrungen von Jahrzehnten unterdrückter Qual. Jedes Wort atmete den letzten Seufzer der Frau, ihre Trauer drückte sich auf das Papier wie ein letzter Kuss. Ein schwacher Überzug alten Lacks ließ die Seiten klebrig wirken, und Mary wischte mit ihrem Rocksaum über den Finger, während sie umblätterte. Der Raum roch nach Moder und Reue.

Henry las die letzte Eintragung laut vor, seine Stimme zitterte, doch blieb fest: »Er brach mein Gelübde und so nimmt mein Schmerz Gestalt an.« Die Worte hallten im stillen Haus nach und verweilten lange, nachdem das Echo verklungen war. Eine Stille folgte, so vollkommen, dass Mary glaubte, das Rascheln unsichtbarer Tränen zu vernehmen. Sie begriffen, dass sie der Hexe nur begegnen konnten, wenn sie zuerst ihrem Schmerz entgegentraten.

Innenraum eines alten südlichen Bauernhauses mit zerrissenem Quilt, karminroten Runen am Herd und einer geisterhaften Rose an der Türschwelle.
Mary Bell steht am Kamin, während unheimliche Runen zu ihren Füßen aufleuchten und geheimnisvoll eine einzelne weiße Rose auf der Türschwelle liegt.

Die Konfrontation mit der Hexe

Als der Sonnenaufgang blutrot den Himmel färbte, sammelte die Familie Bell all ihren Mut für die letzte Abrechnung. Die Morgenluft war überraschend klar, doch kein Lüftchen regte sich. Henry schulterte die alte Schrotflinte, und Mary hielt das zerfledderte Tagebuch fest gegen sich. Gemeinsam fühlten sie sich wie Soldaten, die in das Versteck eines Gespensts marschierten, das Herz trommelnd im Takt der Angst.

Verwandte standen am Rand des Hofs, blasse Gesichter voller Unsicherheit. Tante Miribel murmelte Segen zwischen zusammengebissenen Lippen, die altgedienten Rosenkranzperlen umklammerten. Dahinter reckten sich die Weidenzweige gen Himmel, glichen gabelnden Händen, die ahnungslose Wanderer fangen wollten. Jeder Anblick war ein stilles Drohen.

Mary witterte den Restgeruch von verkohltem Holz, der sie an die ersten Lagerfeuer in Hayneville erinnerte. Die Asche kratzte an ihrer Nase, so körnig wie Staub über verwitterten Grabsteinen. Sie blinzelte gegen einen Schmerz, der für das Morgenlicht zu ernst schien. Die Präsenz der Hexe lauerte in jeder duftenden Dunstwolke.

Henry trat auf die Veranda, hinterließ schlammige Fußabdrücke auf den knarrenden Brettbohlen. Jeder Abdruck zog sich, als wäre er von unsichtbaren Fäden geführt, um im Schatten zu verschwinden. Er erhob seine Stimme und rezitierte Verse aus dem Gesangbuch mit unerschütterlicher Überzeugung, Worte scharf wie Musketenfeuer. Die Wände erzitterten, als wollten sie das Spektakel nicht länger bezeugen.

Ein fernes Donnergrollen ließ die Fensterläden vibrieren, obwohl der Himmel wolkenlos war. Irgendwo in den Dachsparren ertönte Kinderlachen, hohl und verhöhnend. Es wehte durch das Haus wie der Schrei einer Nachtigall – doch kein Trost lag darin, nur frostiges Entsetzen. Mary stockte mitten im Gesang, verlor den Faden auf den Lippen.

Sie presste das Tagebuch an ihre Brust, der Einband fühlte sich feucht an wie frischer Balsam. Die Maserung des Leders schien jede Falte und jeden Riss zu offenbaren, jeder eine Spur alten Leids. Sie schloss die Augen, dachte an die Frau, deren Schmerz diesen Fluch genährt hatte. Eine Bürde, die sie nun tragen wollte.

Aus den Schatten glitt eine Gestalt, bleich wie Nebel und getränkt von Bosheit. Die Bell-Hexe, kaum menschlich, schwebte mit einem krummen Lächeln auf sie zu. Ihre Augen glühten wie schwache Glut, drohend und unvergänglich. Henry hob die Flinte, doch sein Finger bebte auf dem Abzug.

»Ihr wollt mich brechen?«, krächzte die Gestalt, die Stimme klang wie mahlende Steine. Sie hob eine zarte Hand, doch die Gelenke wirkten weiß vor übernatürlicher Kraft. Ein Windstoß fegte durch den Hof, wirbelte Marys Haare in einen wirren Kranz. Die Welt schwankte, ein Kaleidoskop aus Furcht und Glauben.

Mary trat vor, die Stimme so fest wie Stahl: „Wir verstehen deinen Schmerz. Wir wissen, dass dir Unrecht geschah.“ Die Hexe verharrte, den Kopf geneigt, als schmecke sie Erinnerung. Mary schlug das Tagebuch auf, und in jeder Zeile glühte die Qual und der Verrat der Frau. Die Wahrheit hing roh und ungeschützt zwischen ihnen.

Ein Zittern durchlief die Gestalt, feine Risse durchzogen ihr blasses Antlitz. Ihr Lachen verstummte, verwandelte sich in ein Schluchzen, das klang wie das Brechen trockener Zweige. Henry senkte das Gewehr, trat neben Mary, während sie den letzten Eintrag laut vorlasen. Jeder Vers glitt wie heilender Balsam über die Versehrung.

Die Luft wurde milder, der eisige Schleier löste sich wie Morgennebel im Sonnenlicht. Die Weide draußen richtete ihre Äste auf, schien tief durchzuatmen. Auf der Veranda füllten sich die Fußabdrücke mit frischer Erde, löschten jede Spur der Hexe. Eine sanfte Stille folgte, befreit und zart.

Über ihnen regte sich eine Taube in den Zweigen, ihr zartes Gurren klang wie ein Friedenslied. Mary schloss das Tagebuch, Tränen glitzerten darauf wie Morgentau. Henry atmete aus, eine Last fiel von seiner Brust, so leicht wie eine vergessene Wiegenmelodie. Der Hof schien wieder lebendig, die Luft von neuem Versprechen erfüllt.

In den folgenden Tagen verbreiteten sich Geschichten vom gebrochenen Fluch, und die Baumwollfelder sprossen üppig und grün. Nachbarn kehrten zurück, halfen bei der Ernte, brachten Körbe voller Süßkartoffeln und frischem Mais. Selbst Tante Miribel sprach leise Beschwörungen über die Weide, bevor sie Blüten schnitt. Das Lachen kehrte zurück, sanft wie Frühlingsregen.

Doch wenn man nachts am alten Brunnen verweilte, vernahm man manchmal eine leise Melodie, getragen von einer Brise, die zu warm für den Sommer war. Manche sagten, es sei der Geist, nun in Frieden, der leise vor sich hin summt. Andere behaupten, sie wache noch immer über den Hof, voller zärtlicher Sehnsucht. So lebt die Legende weiter, ein Zeugnis dafür, dass selbst die finstersten Schatten dem Mitgefühl hell entgegentreten können.

Die Familie Bell steht bei Sonnenaufgang auf ihrem Verandaplatz in Alabama, während sie einer geisterhaften Hexenfigur entgegensieht, die im nebligen Morgengrauen erscheint.
Henry Bell und seine Familie stehen entschlossen auf der Veranda, während die durchsichtige Bell Witch aus dem Nebel auftaucht, konfrontiert mit Glauben und Mitgefühl.

Schluss

Im Frieden, der sich nach dem Abschied der Hexe über das Bell-Anwesen gelegt hatte, kehrte das Leben zu ruhigeren Rhythmen zurück. Nachbarn verweilten am Tor, schenkten zwar Respekt, aber keine Angst mehr. Die Baumwollfelder, einst still und düster, wiegten sich nun unter der warmen Sonne.

Ein süßer Duft von Geißblatt wehte durch die Fenster, erfüllte jeden Raum mit zarter Hoffnung. Mary strich mit den Händen über die geflochtenen Teppiche, noch rau im Griff und doch von neuer Lebendigkeit durchzogen. Henry ersetzte rissige Fensterscheiben, jede ausgespachtelte Fuge ließ Licht in vergessene Ecken strömen.

Wenn der Abend dämmerte, brannte wieder friedlich die Laterne, ohne den Zug der Furcht. Kindliches Lachen hallte über den Hof, ihre Spiele klangen wie jubelnde Kirchenglocken. Schatten formten sich noch immer entlang der Zäune, doch gehörten sie diesmal den Lebenden, nicht mehr den Wächtern alten Leids.

Und wenn die Nacht ihr Samtgewand ausbreitete, war ein sanftes Gurren aus den Weidenästen zu hören, weich wie ein Mutterlied. Die Bells lauschten voller Ehrfurcht und wussten, dass es das Zeichen eines erfüllten Versprechens war. In diesem Gesang fand die Hexe ihre Ruhe, und die Bells entdeckten die heilende Kraft des Verständnisses. Ihre Geschichte bleibt fest in der Folklore Alabamas verankert – ein Beweis, dass Mitgefühl selbst den finstersten Bann brechen kann.

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